In der Medienwirkungsforschung gibt es den so hübschen wie trefflichen Begriff des Masterframes der Kausalitäten*. Gemeint sind unzählige interdependierende Aspekte und Kriterien, die in großer Kombinationsvielfalt ausschlaggebend dafür sind, ob ein bestimmter Medieninhalt letztlich das reale Handeln der Empfänger beeinflusst. Man denke hier an Horrorfilme und die Angst vor dementsprechend motivierten Gewaltausbrüchen.
Das Masterframe Konzept steht in diesem Kontext für das, was man heute Big Picture nennen würde. Also wirklich alle Einflüsse, die auf einen Menschen wirken und letztlich (um bei dem Horrorfilm Beispiel zu bleiben) reale Gewalt verursachen. Um es vorweg zu nehmen: monokausal, also wirklich nur aufgrund des Konsums von medialem Gewaltdarstellungen, greift eigentlich niemand zur „Axt“ oder zur „Motorsäge“ (wie beruhigend!).
Im Regelfall kommen immer mehrere Motivationsfaktoren und Impulse zusammen. Beispielsweise eigene reale Gewalterfahrungen, Soziale – und Psychische Probleme, Gruppendynamiken, Drogen, etc. Die große Herausforderung liegt darin, diejenigen Aspekte und Kombinationen zu identifizieren, die reales Handeln letztlich wirklich beeinflussen.
Grundsätzlich ist eine möglichst umfangreiche Kenntnis des Masterframes sowie spezifisches Wissen über zentrale Einflussfaktoren notwendig, um im Optimalfall intervenieren zu können.
Was haben Horrorfilme, Motorsägen und Gewaltausbrüche mit Marketing zu tun?
Zum Glück geht es im Marketing (normalerweise!) eher friedlich zu. Verglichen an dem skizzierten „Horrorfilm vers. Gewalt“ Szenario, ist das Volumen entscheidender Faktoren, die für eine belegbare Wirkung von Marketingaktivitäten (beispielsweise bezogen auf B2B Vertriebsabschlüsse) transparent gemacht- und gesteuert werden müssen, „eigentlich“ relativ übersichtlich. Trotzdem hilft der Masterframe-Vergleich, um die heutigen Herausforderungen vieler Unternehmen greifbar zu machen.
Unzählige Entwicklungen der letzten ca. 10 – 15 Jahre haben zu immer höherer Komplexität-, einem oft unnötigen Abstand zwischen Marketing und Sales sowie zu teilweise fatalen Missverständnissen auf Top-Management Ebene geführt. Dies steht in einem direkten Widerspruch zu spektakulären Leuchtturmprojekten und den mittlerweile nahezu unbegrenzten digitalen Möglichkeiten. Der „Marketing-Wirkungs-Masterframe“ scheint für viele Unternehmen somit bereits heute zu groß und deshalb ähneln zahlreiche (B2B) Marketinginvestitionen immer noch eher einer Rodeo-Wette, als einem fundierten Beitrag zur Geschäftsentwicklung. Doch so wild und glücksabhängig muss dieser „Ritt“ nicht sein. Nachvollziehbare – und eben steuerbare – End-to-End Prozesse sind für nahezu jede Unternehmensgröße realisierbar und auch die Implementierung ist keine Raketenwissenschaft.
Erfolgsentscheidend sind hierfür folgende Aspekte:
- Zielsetzungen müssen deutlich, gewerkeübergreifend und messbar sein.
- Investitionen in neue (Marketing) Technologien müssen diesen Zielsetzungen dienen.
- (Marketing) Technologien dürfen nicht als Silofunktion implementiert werden.
- Prozesse (z.B. Lead-Qualifizierung) müssen End-to-End geplant und mit hoher Verbindlichkeit (SLA basiert) umgesetzt werden.
- Marketing KPIs müssen in einem nachvollziehbaren Bezug zu der übergeordneten Zielerfüllung stehen.
- „Kunst für die Kunst“ (wie z.B. Traffic- oder Conversion-Zahlen ohne Folgedokumentation) wird ausgeschlossen.
- Digital-Kompetenz darf nicht per se mit handwerklicher Marketing-Kompetenz verwechselt werden.
- Die höhergradige Einbindung externer Berater und Agenturen ist kein Zeichen von „Schwäche“, sondern eine logische Konsequenz aus immer differenzierteren Wirkungsfeldern und -zusammenhängen, die für den maximalen Marketing Wertbeitrag erschlossen werden müssen.
[*siehe z.B. Studien zur Kommunikationswissenschaft Bd.44, Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2001 I Eisermann, Jessica]
Autor: Peter Schütte, Geschäftsführer StoF! GmbH, Heidelberg www.stof-perform.com